Don Juan Archiv - Wien, Forschungsverlag
Baltt 10: Palais Rofrano
Blatt 11: Palais Schönborn (Ausschnitte aus dem Huber-Plan)

Forschungsgespräche Des Don Juan Archivs

XIX. Die Theater in der Josephstadt

Ort: Wien, Don Juan Archiv

20. Jänner 2015, 13 bis 16 Uhr

 

Bericht: Matthias J. Pernerstorfer

 

In unmittelbarer Nähe des Don Juan Archivs fanden bedeutende Ereignisse in der Theater-geschichte der Haupt- und Residenzstadt Wien statt, wie Käthe Springer-Dissmann in ihrer Rede zur Eröffnung der Räumlichkeiten der Firmengruppe HOLLITZER in der Trautsongasse 6 im 8. Wiener Gemeindebezirk vorgeführt hatte. Der sogenannte Bauernfeindische Saal bot eine Bühne für deutschsprachige Wandertruppen schon lange bevor die Vorstadtbühnen gegründet werden durften. Ab dem Jahr, als die erste von diesen in der Leopoldstadt den Betrieb aufnahm (1781), nutze Fürst Johann Adam Auersperg den Bauernfeindischen Saal als Privattheater (Fürstlich Auerspergisches Theater). Unter ihm wurde 1790 aus Anlass der Tripelhochzeit dreier Kinder von Kaiser Leopold II. mit drei Kindern von dessen Schwester Maria Karolina von Österreich, Königin von Neapel-Sizilien, Lorenzo da Pontes Kantate Flore e Minerva mit Musik von Joseph Weigl im „Tempel der Flora“ gegeben.

Dieser Sachverhalt verdient besondere Aufmerksamkeit und soll künftig eingehend untersucht werden. Deshalb diskutierten im Rahmen des 19. Forschungsgesprächs Manfred Kandler vom Bezirksmuseum Josefstadt, Stefan Riedl, Bühnenbildner und Kunsthistoriker, Käthe Springer-Dissmann, Direktorin der Redaktion Tagbau, sowie Hans Ernst Weidinger und Matthias J. Pernerstorfer die nicht zuletzt durch die Nähe zum Hof geprägten Gegebenheiten in der Josefstadt.

Historische Stadtpläne stellen in diesem Kontext eine besonders wertvolle Quelle dar. Der Grundrissplan von Wien mit seinen Vorstädten und dem Linienwall Accuratissima Viennæ Austriæ Ichnographica Delineatio von Leander Anguissola und Johann Jacob Marinoni u. a. aus dem Jahre 1704 zeigt, in welchen Gegenden die Adeligen mit besonderer Vorliebe Gartenpalais errichteten und dass in den Grenzen der historischen Josefstadt verhältnismäßig wenige dieser Gebäude standen – zu nennen wären das Palais Strozzi (1702) und das sogenannte Rosenkavalier-Palais (1721) von Marchese Girolamo Capece di Rofrano (heute: Palais Auersperg). Stattdessen siedelten sich hier u. a. zahlreiche italienische Künstler an, die für Hof, Adel und betuchte Bürger arbeiteten.

Für die zweite Jahrhunderthälfte bietet die Scenographie oder Geometrisch Perspect. Abbildung der Kayl: Königl: Haubt: u: Residenz Stadt Wien in Oesterreich von Joseph Daniel von Huber (1769–1773) einen guten Einblick (in sehr guter Qualität von der Biblioteca Nazionale Centrale di Firenze (BNCF) in deren Digitaler Bibliothek zur Verfügung gestellt). Hier zeigt Blatt 10 das Palais Rofrano mit Schwibbogen, auf dem die bereits erwähnte Aufführung von Flore e Minerva stattfand, und das benachbarte Grundstück, auf dem sich der Bauernfeindische Saal befand. Wo genau dieser Saal zu lokalisieren ist, konnte leider nicht geklärt werden.

In geringer Entfernung ist das 1701 eröffnete Piaristengymnasium zu erkennen, in dem im 18. Jahrhundert Schulstücke gegeben wurden. Auf Blatt 11 wiederum sieht man das Komödienparterre (acht Figuren der Commedia dell’arte, die um ein Bassin aufgestellt waren), das Reichsvizekanzler Friedrich Karl Schönborn um 1710 in seinem Gartenpalais errichten ließ.

Das Gespräch, in dem erstaunlich viele Verknüpfungsmöglichkeiten zu Projekten des Don Juan Archivs aber auch des STVDIVM FÆSVLANVM zutage traten, machte die Notwendigkeit der Konsultation und Prüfung der Quellen wie der (älteren) Forschungsliteratur deutlich. Im Dienste einer Fortsetzungen der gemeinsamen Bemühungen um die Erforschung der Theatergeschichte der Josefstadt wurde ein Besuch im Bezirksmuseum Josefstadt, das besonders in den 1950er und 1960er Jahren Ausstellungen theatergeschichtlichen Themen widmete, für den 3. Februar 2015 vereinbart.

 

Bericht zum Besuch im Bezirksmuseum Josefstadt

Letztes Update: 02.03.2015