Don Juan Archiv - Wien, Forschungsverlag
Pernerstorfer, Matthias (Hg.): Errichtung und Neuausstattund des "Gottseligen Hauss Betlehem" im Kloster Schönbühel an der Donau (Hollitzer 2019)
Symposium Schultheater der Piaristen, 24./25.10.2019
Heiliges Grab Dürnstein
Workshop Karwoche in Wien, 15./16.3.2018
Besuch des Kreuzwegs von Stift Heiligenkreuz bei der Exkursion entlang der Via Sacra am 23. September 2016

Theatrum Sacrum

 

Kirche und Theater hatten im Laufe der Jahrhunderte stets ein zwiespältiges doch inniges Verhältnis zu einander. Nahm das Theater schon in der Antike seinen Ausgangspunkt bei kultischen Spielen, so war es im Mittelalter der Bereich der christlichen Liturgie, aus dem sich die europäische Theatergeschichte aufs Neue entfaltete. Das – zumindest – jeden Sonntag gefeierte Messopfer hat eminent theatralen Charakter, und der christliche Jahreskreis bietet vielfältige Anlässe für ein In-Szene-Setzen des Glaubens. In vielen gotischen – und noch in barocken – Kirchen zeigt sich das in der Architektur, etwa in Himmelfahrtslöchern, die dafür dienten, zu Christi Himmelfahrt eine Christus-Statue tatsächlich emporsteigen und im „Himmel“ verschwinden zu lassen, oder in Heiliggeistlöchern, durch welche Blütenblätter oder eine Taube zur Versinnbildlichung des Pfingstwunders auf die Gemeinde der Gläubigen herniederkamen.

Wie sehr diese Gemeinde selbständig mitwirken konnte und sollte, veränderte sich immer wieder, da einerseits eine aktive Beteiligung den Glauben der Menschen fördert, andererseits aber die Gefahr eines theologischen Wildwuchses besteht – was in Zeiten der Bemühung um theologische Eindeutigkeit für die kirchlichen Autoritäten ein Problem darstellt. Auf eine Blütezeit der von Laien getragenen Passionsspiele im 17. und frühen 18. Jahrhundert etwa folgt eine Verbotswelle unter Maria Teresia und Joseph II. – dafür wird von kirchlicher Seite der heute übliche Kreuzweg mit 14. Stationen gefördert, der seinerseits durchaus dramatisch-theatralen Charakter hat.

Ein besonderes fruchtbares Feld für die an der Religions- und Frömmigkeitsgeschichte interessierte theater- und kulturwissenschaftliche Forschung sind die Feierlichkeiten während der Karwoche und Ostern. Einzug in Jerusalem, Letztes Abendmahl mit Fußwaschung, Ölberg-Andacht, Gefangennahme, Verurteilung, Kreuzigung und Auferstehung, Apostenllauf und der Besuch der drei Marien am Grab sind dramatische Szenen, die sowohl in der Liturgie theatralen Ausdruck fanden als auch hundertemale von Laien aufgeführt wurden. Auch in Kleindenkmälern – vom Marterl über den Kreuzweg zum Kalvarienberg mit (oder ohne) Heiliggrabkapelle wird diese Passionsfrömmigkeit sichtbar.

Eine Schnittstelle zwischen diesen Äußerungen der Liturgie- und Frömmigkeitsgeschichte mit der Musikgeschichte bilden jene Werke, die vor dem Heiligen Grab (Santo Sepolcro) – von Gründonnerstag bis Karsamstag – konzertant oder in Szene gesetzt aufgeführt wurden. In diesen Tage wurde ein häufig unter Beteiligung von Theaterarchitekten und -malern kunstvoll gestaltetes und oft mit illumnierten bunten Glaskugeln und Blumen geschmücktes Heiliges Grab errichtet, in dem der Leichnam Christi lag und das Allerheiligste (d.h. eine Monstranz mit konsekrierter Hostie = Jesus Christus) zur Anbetung ausgesetzt war.

 

Das Don Juan Archiv Wien betreibt und fördert die Erforschung dieser Zusammenhänge in vielfältiger Weise.

 

Veranstaltungen

   
24.-25. X. 2019 Symposium Das Schultheater der Piaristen im 17. und 18. Jahrhundert
28. VI. 2019 Vortrag Zum Schultheater des Horner Piaristengymnasiums im 17. und 18. Jahrhundert“; Vortrag von Matthias J. Pernerstorfer im Rahmen der Präsentation des Jahrbuchs für Landeskunde von Niederösterreich NF 84 (2018) im Kunsthaus Horn (ehem. Piaristenbibliothek)
10.-12. IV. 2019 Vortrag Zur Geschichte der Periochen und Stücktexte des Piaristentheaters“; Vortrag von Matthias J. Pernerstorfer im Rahmen der interdisziplinären und internationalen Tagung "Vernetztes Sammeln" des Projekts "Kloster_Musik_Sammlungen" an der Donau Universität in Krems
14. u. 18. I. 2019 Seminar Die Karwoche in Wien im Barock (Seminar des Instituts für kunst- und musikhistorische Forschungen der ÖAW)
15.-16. III. 2018 Workshop Die Karwoche in Wien. Kreuzestheologie und Passionsfrömmigkeit in der Residenzstadt Wien von der Reformation bis zur Restauration (ca. 1500–1835)
11.-13. IX. 2017 Tagung Die Sakralisierung der Landschaft. Inbesitznahme, Gestaltung und Verwendung im Zeichen der Gegenreformation in Mitteleuropa,

Stift Seitenstetten
7. IV. 2017 Exkursion Wilfersdorf und Sammlung „Sakrale Kunst im Herrenhof“, Pfarrhof Niedersulz
24. IX. 2016 Workshop Passion und Theater II,

ehem. Servitenkloster Schönbühel an der Donau
23. IX. 2016 Exkursion Via Sacra und Kartause Aggstein
21.-22. IV. 2015 Workshop Vom Aschermittwoch zum Heiligen Grab. Passion und Theater im Barock

(= Passion und Theater I)

 

Publikationen (Matthias J. Pernerstorfer)

„Le cinque piaghe di Christo by Nicolò Minato and Antonio Draghi (1677) and the Adoration of the Five Wounds of Christ Through the Star Cross Order“, in: Libellus quasi speculum. Studi offerti a Bernard Ardura. A cura di Pierantonio Piatti. Città del Vaticano: Libreria Editrice Vaticana 2022 (= Atti e Documenti 66), S. 761–777.

 

 „Le cinque piaghe di Christo von Nicolò Minato und Antonio Draghi (1677) und die Verehrung der Fünf Wunden Christi Durch den Sternkreuzorden“, in: Musicologica Brunensia 57 (2022), S. 167–189.

 

„Geistliche Vorstellungen im barocken Eggenburg. Franz Rincolini und das Theatrum der Löblichen Bruderschaft unser Lieben Frau bei St. Michael“, in: Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich 87 (2021), S. 341–370.

 

„‚Das geliebte Myrhen=Büschlein‘. Von Paul I. Esterházy und dem Eisenstädter Kalvarienberg zu den Karfreitagsoratorien des Gregor Joseph Werner“, in: Gregor Joseph Werner (1693–1766). Aspekte seines Lebens, hg. von Martin Czernin. Eisenstadt: Landesmuseum Burgenland 2021, S. 389–440.

 

„Theater am Karfreitag. Monarchia Conscientiæ oder Daß Jnnerliche Reich des Menschen (1731) im Zisterzienserstift Heiligenkreuz“, in: Die Lebenswelt der Zisterzienser. Neue Studien zur Geschichte eines europäischen Ordens, hg. von Joachim Werz und Immo Bernhard Eberl. Heiligenkreuz: Be&Be-Verlag 2020, S. 299–318.

Errichtung und Neuausstattung des "Gottseligen Hauß Bethlehem" im Kloster Schönbühel an der Donau. Wien: Hollitzer, 2019. (Herausgeberschaft)

 

"Barocke Denkmäler der Passion – Sakrale Zeichen in der Landschaft“, in: Sakralisierung der Landschaft. Inbesitznahme, Gestaltung und Verwendung im Zeichen der Gegenreformation in Mitteleuropa, hg. von Werner Telesko und Thomas Aigner. St. Pölten 2019 (= Beitrage zur Kirchengeschichte Niederösterreichs 21, Geschichtliche Beilagen zum St. Pöltner Diözesanblatt 38), S. 194–209.

 

"Wo bleibt die Barmherzigkeit? Oder: Allegorische Stücke zur vorösterlichen Bußzeit am Schultheater in Horn (Niederösterreich) im Kontext der pädagogischen Arbeit des Piaristen-Gymnasiums. Nebst einem Faksimile der lateinischen Perioche des Androtheus von 1722 und ihrer deutschen Übersetzung durch Alfred Dunshirn“, in: Morgen-Glantz. Zeitschrift der Christian Knorr von Rosenroth-Gesellschaft 29 (2019), S. 175–222.

 

„Das Schultheater der Piaristen in Horn. Mit einem Verzeichnis der Aufführungen & einem Katalog der Manuskripte und Drucke“, in: Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich 2019, S. 95–263. (gemeinsam mit Rudolf Malli)

 

„Karfreitagsoratorien des 18. Jahrhunderts im Cistercienserstift Heiligenkreuz“, in: Analecta Cisterciensia 68 (2018) 187–220.

 

„Das Heilige Grab in unserer Kirche“, in: Pfarrbrief der Pfarre Straning. Weihnachten 2018. Pfarrgemeinderat Straning 2018, S. [6–8]. [Text online]

 

„Vom Heiligen Grab der Pfarre Mödring zum Theatrum Sacrum der Horner Piaristen“, in: Das Waldviertel 67 (2018), Heft 2, S. 217–234.

 

 

Sammlungs- und Forschungsschwerpunkte

Einen eigenen Sammlungs- und Forschungsschwerpunkt stellt das Ordens- und Schultheater dar.

 

 

Theatrum Sacrum & Don Juan

Den Zusammenhang zwischen Don Juan & Theatrum Sacrum behandelte Matthias J. Pernerstorfer in seiner Einführung zur Lectio magistralis von Kardinal Francesco Coccopalmerio am 27. März 2015.

 

 

(mjp)

Letztes Update: 18.04.2024