Wallishausser´sche Buchhandlung, Inh. Eugen Walter Kende
23. Dezember 1927–15. März 1935

 

Steckschild am Geschäft Lichtensteg 1

 

Von Eugen Walter Kende haben wir keine Abbildung. Am 22.5.1899 wurde er in Budapest geboren, von Beruf war er Buchhändler. Seine Frau Ella, geb. Ballin, geb. am 3.6.1907 in Stuttgart, heiratete er am 10.10.1927 in Frankfurt am Main. Als frisch Vermählte kamen sie nach Wien, kurz danach, am 23. Dezember 1927, kaufte Eugen Walter Kende von Hugo Knepler die Wallishaussersche Buchhandlung mit Standort Wien I., Lichtensteg 1. Ella Kende ist als Einzelprokuristin eingetragen [WStLA, Register für Einzelfirmen. Sign. E/18, Pag 85]. Am 4.6.1928 wird die gemeinsame Tochter Anneliese geboren [WStLA, Meldeauskunft].

 

Zu Kendes Zeit wurden nur wenige Neuerscheinungen verlegt, davon etliche in Esperanto (siehe Werkverzeichnis). Das größte Ereignis war die Herausgabe des Bühnenstücks „Metternich“ von Sassmann in einer Auflage von 200 Stück. In der viel beachteten Burgtheaterpremiere spielte Raoul Aslan die Hauptrolle und hatte einen Aufsehen erregenden Erfolg.
In die Ära Kende fällt eine einzige Textbuchausgabe einer Oper, "Das Heidentor".
Es gelang Kende nicht, die Buchhandlung gewinnbringend zu führen und am 4.10.1933 wurde das Ausgleichsverfahren eröffnen [WStLA, Handelsgericht Sa 449/33/1933]. Er verweist in dem Verfahren auf die allgemein schlechte wirtschaftliche Lage und den äußerst geringen Geschäftsgang.

Der Abend, 5. Oktober 1933, S. 3.

(Ein paar kleine Richtigstellungen des Artikels: Wallishausser bekam 1787 die Buchandlungserlaubnis, nicht 1789. Künast hatte Grillparzer nicht verlegt, sondern J.B. Wallishausser II., der auch mit Grillparzer befreundet war. Die Wallishaussersche Buchhandlung war im 19. Jhdt. die größte Theaterbuchhandlung im deutschsprachigen Raum.)

Die Wirtschaftskrise der dreißiger Jahre brachte es mit sich, dass sich die finanzielle Lage des Buchhandels zunehmend verschlechterte. Die Verlage brachten billige Volksausgaben heraus, und billige Einzelausgaben (bereits ab 1 Mark) überschwemmten in Deutschland und auch in Österreich den Markt. Dies führte zu einem erheblichen Umsatzrückgang im Buchhandel. Ab 1928 ging die gesamte deutschsprachige Buchproduktion kontinuierlich zurück, im Jahr 1934 erreichte sie nur mehr ein Drittel des Standes des Jahres 1924.
Als 1935 der deutsche Propagandaminister Josef Goebbels die Exportförderung deutscher Waren auch auf Bücher ausdehnte und deren Preise um 25 % gesenkt werden konnten, führte diese „Praxis des Bücherdumpings“ auch in Österreich zu einer entsprechenden Preissenkung. Dadurch spitzte sich die Situation der österreichischen Buchhändler zu, da alte Lagerbestände noch zu den höheren Preisen eingekauft worden waren und nunmehr verbilligt abgegeben werden mussten.
Trotz des zwei Jahre zuvor erfolgten Verbotes der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei in Österreich (am 19. Juni 1933) kam es bereits vor dem Anschluss zu einem „ernstzunehmenden nationalsozialistischen Potential“ der österreichischen Buchhändler.

Aus Kendes Verlagszeit haben wir ein Signet, die Ähnlichkeit mit dem von Paul Knepler ist unübersehbar.

 

Eugen Walter Kende und seiner Frau Ella war kein Glück mit der Wallishausserschen Buchhandlung beschieden. Die Schulden laut Ausgleichsverfahren betrugen 19.755, 84 AS (umgelegt auf den heutigen Wert wären das € 60,650.43). Berücksichtigt man nun die wirtschaftliche Lage und die Kaufkraft des Schillings zur damaligen Zeit, so war es ein hoher Betrag, der ohne finanziellen Rückhalt für einen Geschäftsmann bei schlechtem Geschäftsgang schwer zu bezahlen war. Das Ausgleichsverfahren wurde beendet und am 22.12.1933 gelöscht. Nicht lange danach, am 15. März 1935, verkaufte Kende die Buchhandlung, damit erlosch auch Ella Kendes Prokura.

Frau Ella Kende verzog nach Frankfurt am Main und Eugen Walter Kende ging zurück nach Budapest.