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WStLB Handschriftensammlung
Inv. Nr. 109.219.
1/7 1871
Sehr geehrter Herr Rosner!
Gegenseitige Sympathien, freundschaftliches
Wohlwollen, die Macht der Gewohnheit, sind wohl die Grundlagen
auf welchen wir unsere Arbeits-Genossenschaft festgestellt
und gepflegt haben.
Und ich weiß, daß Sie, wenn wir uns trennen,
mir nicht ersetzt werden! Ich weiß, daß ich
Ihre Intelligenz schwer missen werde. Ich weiß, daß
es Ihnen nicht leicht werden möchte, die Ihnen lieb
gewordene Stellung aufzugeben, und angenehme persönliche
Beziehungen abzuschwächen. Ich weiß aber auch
ganz gewiß, dass ich zum materiellen Schaden
meiner Familie, mich solange um Angelegenheiten kümmern
werde, welche meinem Geschäfte nichts nützen,
so lange ich der
Verläßlichkeit Ihrer Vertretung sicher sein werde.
Endlich glaube ich zuversichtlich,
daß Sie, in Ihren geistig- physisch und materiell
glücklichen Verhältnissen schon nach kurzer Zeit
eine Trennung von mir nicht mehr
bedauern dürften, weil Sie es verstehen werden
sich in eine bessere Situation zu versetzen, als Ihre jetzige
es
ist. Meine Kummerlosigkeit für Ihre Zukunft, und die
Be=
sorgniße für die Meinigen drängten mich
zu erwägen, ob
das jetzige Feld Ihrer Thätigkeit im Vergleich zu Ihren
Ansprüchen
nicht zu begrenzt sei, und ob Ihre Entlohnung für meine
Verhältniße nicht zu kostspielig war
und ist?
Diese Angelegenheit lastete mir schon zu lange auf dem Herzen.
Schon zu lange gehe ich mit mir zu Rathe, und ich kann mich
der Einsicht nicht länger verschließen, welche
mir dictirt: die erste Stelle in meinem Geschäfte selber
zu übernehmen, selber zu arbeiten, und selber ein Salarium
zu verdienen.
Darum wage ich den Kaiserschnitt indem ich Ihnen ankündige,
dass wir voneinander scheiden müßen.
WStLB, Handschriftensammlung Inv.
Nr. 109.196
Wien 6/VII 71
Sehr geehrter Herr Klemm!
Sie werden es gewiß nachsichtig
beurtheilen, daß ich Ihr mich sehr ehrendes Schreiben
vom
1 dMts erst heute beantworte. Esist mir schwehr[sic] möglich
im Geschäfte einen größeren zusammenhängenden
Brief zu concipiren [Einwurf von Klemm: Wo besorgen Sie
die Geschäftsberichte], davon abgesehen pflege ich
meine Privat-Angelegenheiten nicht im Laden zu erledigen,
zu Hause aber bin ich durch allerlei Zufälligkeiten
bisher verhindert gewesen. Also doch im Geschäft.
Sie streuen mir da mancherlei Weihrauch ? der mir kaum zukommt.
Der langen [?] Rede kurzer
Sinn ist der: „ich kündige Ihnen, weil ich nicht anders
kann u. mag” und ich bestätige Ihnen hiermit diese
Kündigung und werde lt .uns. schriftlichen Übereinkommen
drei Monate a Dato d. i am letzten September austreten.
Falls Sie sich den Zeitpunkt meines Austrittes anders gedacht;
bitte ich Sie mich dies gern[?] wißen zu laßen,
auch erbitte ich mir Ihre Weisung ob Sie einverstanden sind,
daß ich bis zur letzten September Woche das Geschäft
und die Geschäfte im Geschäft in der bisherigen
Weise fortführe oder ob es Ihr Wunsch ist, daß
ich einzelne Arbeiten [Einwurf von Klemm: Welche Arbeiten
könnten Sie denn noch abgeben ?] abgebe, mich auf Andere
beschränke .... es bedarf
von meiner Seite der Versicherung nicht, daß ich in
beiden Fällen meinen Mann stellen u. meinen Pflichten
gerecht werde.
Wenn ich nun diesen Brief noch nicht schließen kann,
ohne ihnen bezüglich Ihrer Herzensergießung eingehend
zu beantworten, so liegt das in der Natur dieser Sache,
denn nicht das, wohl aber die Art und Weise wie (wann) Sie
mir gekündigt haben – wird von Jedermann eine empörende
genannt werden, weil sie die Menschenrechte in hohem Grade
verletzt!! – Sie hätten
den “Kaiserschnitt” heute nicht zu wagen gebraucht; wenn
Sie der Natur vor vier Monaten ihren freien Lauf gelassen
hätten.
Als ich Ihnen damals meine Situation vorstellte, sagten
Sie, mit Bezug auf eine Stelle die ich in einer anderen
Bhdlg. In Aussicht hatte “diese Leute gäben Ihnen gerne
f 2000 – auch mehr, Sie werden Sie ausnützen und nach
1 ½ Jahren möglicherweise nach einem Jahre schon
– werden Sie ihnen „Zu theuer” sein” – und unter sehr charakteristischen
Bezeichnungen stellten Sie mir vor: wie Sie anscheinend
auf meine Ansprüche eingehen, sich um einen anderen
Mann umsehen und nachdem dieser gefunden und dressiert –
und die Posten die ich in Sicht habe alle besetzt sind –
sagen könnten: “Sie sind mir doch zu theuer!” Das läge
aber durchaus nicht in Ihrem Charakter. Sie sagten lieber:
“ f 1450 haben Sie bis jetzt gehabt – f 1750.- kann ich
Ihnen bewilligen, das gebe ich Ihnen gerne, überlegen
Sie sich’s und, bleiben wir beisammen!” Und gerade von Ihnen
höre ich diesen Ton mit dem Sie mir die Zukunft so
bedrohlich malten, - nicht nach 1 ½ Jahren, nicht
nach einem Jahre. Nein nach vier Monaten!
Herr! Ich habe auf Ihr Wort hin (12 Tage später) mich
verlobt und nicht ganz zwei Monate darnach geheirathet.
– Ich habe meine Frau nicht geheirathet um Ihr Vermögen
zu verzehren, sondern um uns von meinem Erwerbe zu erhalten.
Als ich im März von meiner Schwiegermutter befragt
wurde ob ich das Kapital nicht kündigen und mich selbständig
machen wolle, sagte ich: “Nein! Ich habe Herrn Klemm mein
Wort vor 14 Tagen gegeben, ich muss mindestens zwei ? Jahre
bleiben!” Als mir im
April ein Kunde Ihres Geschäftes f 20.000 offerirte
damit ich mich etablire, lehnte ich diess Anerbieten ab.
– ich hätte es perfide gefunden anders zu handeln denn
Sie hatten mein Wort!!? – Und dieselbe Rücksicht, dieselbe
moralische Verpflichtung hätten Sie auch empfinden
müssen – statt dessen sagen Sie mir, dass Sie “kummerlos
für meine Zukunft” sind! Ich danke Ihnen, – Sie brauchen
sich meinen Kopf nicht zu zerbrechen, – ich werde eine Stelle
finden, daran zweifle ich selbst nicht! – vor vier Monaten
aber hatte ich reiche Auswahl, diese habe ich heute nicht
und ich hätte als lediger Mensch viel leichter mein
Bündel
[Mitteilung Klemms über 2 Seiten: dießbezügliche
Mittheilungen hat mir Hr.Rosener am Petersplatze
gemacht. Damals waren aber die f 20.000 nicht mehr zu haben]
geschnürt, viel unbefangener gesucht als heute – Sie
aber hatten damals Zeit genug sich die Sache zu überlegen.
Zu diesen Äusserungen fühle ich mich – verpflichtet.
Es ist selbstverständlich, daß ich nicht wünsche,
daß Sie Ihre Entschlüße änderten,
– ich möchte auch nicht missverstanden sein – u. hoffe
die Zeit bis zu meinen Austritte den zu erledigenden Arbeiten
ohne weitere Mißhelligkeiten widmen zu können.
Hochachtungsvoll
Ihr ergeb
LRosner
[Schrift Klemms:
Als ich vor zwei Jahren krank war und man und an meine baldige
Auflösung glaubte, sagte Rosner zu meinem Weibe „daß
er sich für mich unbändig geplagt habe.” „Er hätte
nicht für seine Mutter gethan, was er für mich
gethan”. Aber damals schon wußten seine Collegen zu
erzählen, wie er sich geplagt hatte!]
WStLB, Handschriftensammlung, Inv.Nr.
109.220
7/VII.871
Geehrter Herr Rosner!
Vor Allem muß ich Sie bitten, meinen Brief v. 1. d.
M. nocheinmal – und mit Objectivität zu lesen, damit
Sie sich überzeugen, daß ich Ihnen weder Weihrauch
gestreut, noch geschmeichelt habe.
Sie waren mir nämlich stets ein angenehm – sympathischer
Mensch und ein beliebter Gesellschafter.
Auch anerkannte ich Ihre Intelligenz und hielt Sie im Punkto
der Verläßlichkeit für sicher.
Aber ein positives Lob bezüglich Ihrer Leistungen,
habe Ich Ihnen nicht gespendet denn dieses wäre Schmeichelei
von meiner Seite.
Im Uebrigen ist Ihre Auffassung über Eintritt, Verlauf
und Sachverhalt der Begebenheiten, eine
irrthümliche. Aber ich mag mich auf Widerlegungen oder
Recriminationen nicht einlaßen; dadurch würden
ja nur Bitterkeiten erzeugt, welche kein Heilmittel für
ein aufgeregtes Gemüth abgeben könnten. Genug,
daß ich für mich, die beruhigende Sicherheit
besitze, an Ihnen nicht unedel gehandelt zu haben, und genug
für mich, daß ich der Ueberzeugung bin daß
Ihre Urtheilsfähigkeit nur vorübergehend getrübt
ist und Sie zu einem partheiischen Urtheile geleitet habe,
und daß Sie mir späterhin gewiß nicht eine
Anerkennung der Tadellosigkeit meines Verfahrens versagen
werden
wollen.
Bis jetzt hatte ich unsere Angelegenheit als eine vertrauliche
behandelt, und ich meine auch, daß Ihr Brief – das
Erzeugniß von Krankhaftigkeit – nicht für eine
weitere Verbreitung gearbeitet
worden ist. Wenn Sie aber so unvorsichtig sein sollten,
an [...] Auffassungen zu colportiren, dann werde ich genöthiget
sein, unsere Wäsche vor Zeugen zu Ende zu waschen.
Vorläufig stelle ich Ihnen in Abrede, daß Sie
sich mit Ihrem Worte mir, oder umgekehrt, daß ich
mich Ihnen, verpflichtet hätte.
Auf Ihre Anfrage, „welche Arbeiten Sie behalten sollten”
meine ich, daß Sie auch weiterhin nichts thun und
- nichts unterlassen werden, so dem Geschäfte abträglich
wäre.
Meine besondere Meinung geht aber dahin, daß Sie so
freundlich sein sollen zu versuchen, alle Rückstände
zu bereinigen, und nichts übrig zu lassen, zu dessen
Erledigung Ihre spezielle Kenntniß der Angelegenheit
vorhanden und Ihr Gedächtniß nothwendig ist.
Mit Ihrer Zu[?] des Kündigungstermines einverstanden,
Ihr ergbener
J Kl
WStLB, Handschriftensammlung Inv.Nr.
109.195
Wien 2. 1. 72.
Sehr geehrter Herr Klemm.
Bei Gelegenheit meines Austrittes
aus Ihrem Hause ist Ihnen ein kleiner Irrthum passirt –
Sie haben mir nur f 100.- als Neujahrs – Vergütung
angewiesen – statt f 187.- .
Ich habe Herrn Vilforth darauf aufmerksam gemacht u. wollte
anfangs auch diese f 100.- nicht nehmen. – that es aber
doch weil Herr Vilforth die Güte hatte mir zu sagen,
dass er diese Angelegenheit mit
Ihnen besprechen und auf gleich bringen wolle.
Diese f 87.- hatten die Bestimmung zur Saldirung meiner
Bücher-Rechng. bei Ihnen zu dienen u. da dieses Conto
ohnehin lange offen ist; bitte ich dasselbe jetzt durch
mein Guthaben zu begleichen.
Dass ich berechtiget bin für ¾ Jahre drei Viertheile
v. f 250- zu beanspruchen, datirt von jenem Abende her an
welchem Sie die Güte hatten mir zu sagen: “Hundert
Gulden haben Sie pr. Monat, f 250. zu Neujahr – ich werde
Ihnen künftiges Jahr doch nicht weniger geben als in
früheren zwei Jahren dreihundert Gulden gebe ich Ihnen
noch dazu, somit haben Sie ein fixes Einkommen von f 1750.-
w. v. fehlt Ihnen noch zu f 2000?“
So citirte ich auch in meinem Schreiben v. 6. Juli, mit
welchem ich Ihre Kündigung beantwortete. Dass Sie mir
Ihren Verlag nicht creditiren; war anzunehmen, dass Sie
mir ihn aber auch nicht gen. baar liefern, beraubt mich
der Gelegenheit Ihnen zu beweisen – wie gerne ich mich dafür
verwendet hätte.
Achtungsvoll
Ihr ergeb.
LRosner
WStLB, Handschriftensammlung Inv.Nr.
109.218
Wien 5./I/72
Herrn L. Rosner hier
Auf Ihre gef. Zuschrift d.d.2.d.M.
erwidere ich: Nicht mir, wohl aber Ihnen ist ein “kleiner
Irrthum passirt”.
Eine Neujahrs-Gratification ist in der Regel eine freiwillige
Leistung; sie kann aber auch eine vertragsmäßige
sein. Da ich gewöhnlich die Höhe der Gratification
mit der Höhe des Monatsgehaltes gleichstelle, so hätten
Ihnen bei dem Jahresgehalte von F 1200.-, f 100- als Neujahrsgabe
zukommen sollen. Daß ich Ihnen bei 2 Jahreswechseln
nicht f 100, sondern f 250 – gegeben, beruhte theils auf
freiwilliger Entschließung theils, wie Sie recht gut
wissen, das erstemal zum Theile auf einem Irrthum meinerseits,
dessen Consequenz im 2ten Jahre Ihnen zu Gute gekommen ist.
Wenn Sie mit “ich werde Ihnen künf[tigen] Jahr doch
nicht weniger geben als in früheren Jahren” meine eigenen
Worte richtig zu citiren glauben, dann beweisen Sie offenkundig,
daß ich der Meinung gewesen bin: wir Beide würden
z[u-]einander in den besten Beziehungen verbleiben, und
ich werde nicht Veranlassung finden, später anders
als früher zu denken und zu handeln.
In einem Falle hatte ein Gehilfe welcher über seine
eigene Kündigung kurz vor Neujahr austreten sollte,
nach Ihrer eigenen Meinung keinen Anspruch auf Neujahrsgeld.
Ich habe aber, in unserem Falle, Ihnen eine Gratification
angewiesen, weil nicht Sie mir, sondern ich Ihnen gekündigt
hatte, und ich habe Ihnen nicht f 75-, sondern f 100- zugewendet,
weil mein Wohlwollen gegen Sie nicht erloschen war.
Ich glaube also, daß nicht Sie bei mir, sondern ich
bei Ihnen gut habe.
Sind Sie jedoch auch ferner anderer Meinung als ich, dann
dürfte es gut sein, unsere Differenz einem Schiedsgerichte,
welches buchhändlerischen Gebrauch kennt, zur Entscheidung
vorzulegen.
Sie geben sich mit den Schlussbemerkungen Ihres Briefes
vom 2.d.M. das Ansehen als ob Sie ernstlich daran glauben
könnten, was Sie niederschrieben mit den Worten: “Dass
Sie mir Ihren Verlag nicht creditiren war anzunehmen, dass
Sie mir aber auch nicht gegen baar etc.” – und Sie stellen
sich im Verkehr mit anderen Personen als einen von mir Verfolgten
dar, während Sie recht gut wissen, aus welchen Gründen
ich jeden meiner früheren Mitarbeiter bereitwilligst
Conto gegeben habe.
Meine Beweggründe, warum eben [S]ie von mir nichts,
auch nicht gegen baar bekommen sollen, und warum ich meinen
Bedarf von Ihrem Verlage bei Ihnen selbst zum Ladenpreise
ankaufen lasse, werde ich im Falle der Nöthigung bekannt
geben.
Sie selber wissen es, daß nicht Mißgunst, Brodneid
oder andere engherzige Motive mich leiten, und deshalb sollten
Sie sich auch nicht das Ansehen geben, als ob Sie fähig
wären die Logik zu verläugnen welche sich herausstellen
würde, mög[l]ich Ihnen nicht in Rechnung, aber
gegen baar liefern. Würde ich dann nicht zu beschuldigen
sein, als ob ich den Anfänger für nicht creditfähig
hielte?
Zum Schlusse noch Eines. Wie kommen Sie zu dem Verlage einer
Umarbeitung eines meiner Verlagsartikel? Darüber erbitte
ich mir Aufklärung und empfehle mich achtungsvoll
Josef Klemm
WStLB, Handschriftensammlung Inv.
Nr. 109.193
Wien 20/I 75
Verehrter Herr Klemm!
Ich wäre zufrieden mit der Quote
von f 63.- bin jedoch mit einer höheren Quote belastet
(ich glaube f 105) das Erschien mir zu viel, ich recourirte,
– der Vorstand wurde vernommen u. Sie gaben zu Protokoll,
dass ich zu hoch bemessen bin u. die Steuer von solcher
Höhe nicht bezahlen kann,. Dieses Protokoll habe ich
selbst gesehen vor etwa 1 ½ Jahren, trotzdem blieb
es bei der alten Bemeßung, ich erhielt keinen Nachlaß,
recourirte also wieder, u. habe natürlich angegeben
– was ich glaube anführen zu müßen. Mit
den Zuschlägen hätte ich täglich (beiläufig)
fl 1.10 zu zahlen, das bin ich nicht in Stande. –
Ich bitte zu entschuldigen wenn ich Sie, [...] Sie schreiben,
in Verlegenheit bringe ---- aber ich glaube diese Schritte
thun zu müßen! –
Achtungsvoll
Ihr
LRosner |