Vertrag

welcher am heutigen Tage zwischen der Wallishausser´schen Buchhandlung und der Universal-Edition A.-G., abgeschlossen wurde wie folgt:
1.) Die genannten beiden Firmen vereinigen sich zur Herausgabe einer Textbuchbibliothek, deren definitiver Name noch festgestellt wird. Auf dem Titelblatt und Umschlag werden beide Firmen als Verleger aufgenommen.
2.) Die Textbuchbibliothek gilt in Bezug auf Urheberrechte, Platten, Matern, als gemeinsames unteilbares Eigentum der beiden Firmen
3.) Alle Verfügungen über die Textbücher, insbesondere die Bestimmung der Auflagen, Ladenpreise, Rabatte ebenso auch die Auswahl der zur Herausgabe gelangenden Texte wird nur einverständlich erfolgen.
4.) In die T.B. sollen Textbücher nicht aufgenommen werden, die ausschliesslich für eine Bühne angefertigt und nur für diese benützt werden. Sollte eine solche Bearbeitung von einer anderen Bühne erworben werden, muss das Buch dem gemeinsamen Unternehmen zur Verfügung gestellt werden.
5.) Bei Herstellung der Textbücher sind in erster Linie die Druckereien Otto Maass Söhne und M. Engel & Söhne zu berücksichtigen. Bei gleichen Preisen seitens dieser 2 Druckereien soll bezüglich des Neusatzes als auch des Druckes eine möglichst gleichmässige Vergebung der Aufträge erfolgen. Diese Bevorzugung erlischt falls die betreffenden Druckereien aus dem Interessenkreis der beiden Verlage ausscheiden.
6.) Die Universal-Edition verpflichtet sich für die Zwecke der T. B. die auf beiliegendem Verzeichnis spezifizierten, in ihrem Besitz befindlichen Papiervorräte zu den dafür bekanntgegebenen Preisen zur Verfügung zu stellen.
7.) Die Ankündigungen bezüglich der T.B. sollen, insoferne es sich nicht um Kataloge, Inserate u.dgl. der Universal-Edition handelt, also insbesondere in Fachblättern und besonderen Anzeigen u.dgl. stets die Firmen beider Kontrahenten tragen.
8.) Es wurde vorgeschlagen, dass je eine Seite der beide Firmen betreffenden Ankündigungen in die gemeinsamen Herstellungskosten eingerechnet wird. Darüber hinausgehende Ankündigungen werden der betreffenden Firma zum Selbstkostenpreis in Bezug auf Satz, Druck, Papier berechnet.
9.) Die Lieferung der Texte seitens der Druckereien erfolgt an die Universal-Edition, der auch die gesamte Anlieferung obliegt.
10.) Der Wallishausser´schen Buchhandlung ist das Recht eingeräumt die Textbücher der T.B. an die beiden Wiener Opernbühnen direkt zu liefern. Sie wird sowohl für diese Lieferungen als auch für jene, die Sie [sic] als Gross-Textbuchsortiment zum Ladenverkauf an das Publikum und das Wiener Sortiment bezieht Vorzugspreise bezahlen. Bestellungen die ihr von auswärtigen Theatern oder Handlungen zukommen ist sie verpflichtet der gemeinsamen Auslieferung zuzuweisen. Die Berechnung der Vorzugspreise erfolgt in der Weise, dass zu den gesamten Herstellungskosten und eventuellen Vertriebskosten ein 20%iger Reingewinn für das gemeinsame Unternehmen resultiert. In keinem Fall jedoch soll die Wallishauser´sche Buchhandlung die Textbücher höher bezahlen als der Sortimentsbuchhandel. Die gleichen Rechte in Bezug auf die Berechnung stehen auch der Universal-Edition für jene Texte zu, die sie für die ihrem Concern angehörenden Sortimente bezieht. Die Sortimentsbezüge der beiden Kontrahenten werden 1/4jährlich baar verrechnet.
11.) Die Wallishausser´sche Buchhandlung und die Universal-Edition bringen dem gemeinsamen Unternehmen ihre Bestände an einzelnen noch zu bestimmenden Textbüchern, die in die T.B. aufgenommen werden, samt Verlagsrechten, Matrizen, Buchdrucksatz, Platten u.d.gl. bei. Diese Aktiven werden ihnen zu den noch festzusetzenden Werten von dem Unternehmen der T.B. abgelöst und bar ausbezahlt.
12.) Die gesamten Einnahmen und Ausgaben werden von der Universal-Edition verrechnet. Die genau spezifizierte Abrechnung erfolgt halbjährlich in den Monaten Jänner und Juli, erstmalig im Jänner 1921. Die Universal-Edition ist berechtigt die für die Auslieferung erwachsenden Barauslagen anzurechnen.
13.) Die Abmachung gilt für die Dauer von zwanzig Jahren unkündbar und soll nach diesem Zeitpunkt über beiderseitige, einjährige vorherige Kündigung gelöst werden können.
14.) Sollte über die Frage der Liquidierung keine Einigung erzielt werden können, oder aus dem Vertrage irgendwelche Streitigkeiten entstehen, dann soll ein Schiedsgericht bestehend aus je zwei Vertrauensmännern der beiden Firmen, und einer gemeinsam von den beiden Firmen als Vorsitzender gewählten, dem Buchhandel angehörenden Persönlichkeit, entscheiden. Diese Entscheidung ist inappellabel.

Wien, den 23. Juni 1920

Wallishausser´sche Buchhandlung
Adolph W. Künast
Wien, I., Lichtensteg Nr. 1
(Eckhaus Rotenturmstrasse 13)
Knepler